Von |Februar 12, 2019|Kategorien: Explosionsschutz, Grundlagenwissen|

Was sind industrielle Thin Clients? Teil 1/2 – Die Funktionsweise

Explosive Atmosphäre, raue Umgebungen, extreme Temperaturen – die Prozessindustrie stellt besondere Anforderungen an Mensch und Technik. Das gilt auch für sogenannte Thin Clients, wie man sie aus Büroanwendungen kennt. Im Gegensatz zu klassischen PCs werden bei Thin Clients Anwendungen nicht lokal, sondern auf entfernten Servern ausgeführt, und lediglich die Bildinformationen und Eingaben über das Netzwerk übertragen.

Grafik über zentralisierte und dezentralisierte Systeme

Über das letzte Jahrzehnt sind Thin Clients in der Prozessautomation und bei industriellen Anwendungen immer bekannter geworden. Insbesondere der Trend zur Virtualisierung macht Thin Clients zu einer kosteneffizienten Lösung. Diese erlaubt Nutzern, auf Anwendungen und Informationen zuzugreifen, welche auf zentralisierten Systemen – beispielsweise – Servern laufen.

Im Vergleich zu konventionellen, dezentralisierten Automatisierungssystemen, auf welchen normalerweise alle Daten und Anwendungen laufen, sind die von zentralisierten Automatisierungssystemen normalerweise auf Servern gelagert. Ein Thin Client gibt hierbei die Nutzeroberfläche wieder, um relevante Applikationen und Informationen vom Host zugänglich zu machen.

Um dies zu erreichen, hat ein Thin Client ein minimalistisches, in der Regel eingebettetes Betriebssystem (OS) und bietet Treiber für Input- und Output-Geräte (bspw.: Maus, Tastatur, Touchscreen und Monitor), welche mit dem Thin Client verbunden sind. Eingerichtete  Kommunikationsprotokolle erlauben den Austausch der System-Inputs und -Outputs zwischen dem Thin Client und dem Server.

Wie funktionieren Remote-Protokolle?

Der Server generiert eine Benutzeroberfläche (graphical-user-interface oder kurz GUI), welche er als Remote-Protokoll komprimiert über Ethernet an den Thin Client überträgt. Anschließend erhält der Thin Client die komprimierten Daten, beispielsweise in Form von GUI-Bildern, extrahiert diese und stellt sie auf dem Bildschirm des Nutzers dar.

Thin clients provide user interfaces

Eingaben des Nutzers, etwa über die Tastatur, Maus, oder Touchscreen, werden in entgegengesetzter Richtung gesendet. Der Thin Client empfängt die physikalischen Eingaben des Nutzers und leitet diese über das Remote-Protokoll an den Server weiter. Der Server entschlüsselt die Eingaben und überträgt diese an das darunterliegende Betriebssystem und die jeweiligen Anwendungen. Die Anwendungen setzen die Befehle genauso um wie bei der lokalen Eingabe auf dem Betriebssystem. Aufgrund des heutigen leistungsfähigen Ethernets erlebt der Nutzer die Interaktionen am Thin Client deshalb, als würde er direkt mit dem Betriebssystem arbeiten.

Seitdem Thin Clients über Ethernet kommunizieren, gehört die Thin-Client-Technologie zu den beliebtesten für virtualisierte Automatisierungssysteme. Konventionelle Technologien wie Tastatur-Video-Maus Verlängerungen (KVM) sind mit virtualisierten Systemen nicht kompatibel. Dies liegt daran, dass normalerweise eine oder mehrere virtuelle Maschinen (VM) auf den Servern laufen und somit die physischen Schnittstellen nicht ausreichen, um sich mit KVMs zu vernetzen. VM können nur über das Netzwerk mit Remoteprotokollen aufgerufen werden.

Welche Remote-Protokolle gibt es?

Inzwischen existieren zahlreiche Kommunikationsprotokolle. Für die Virtualisierung sind die folgenden Remote-Protokolle am relevantesten:

  • Microsoft® Remote Desktop Protokoll (RDP): RDP ist das bekannteste Remote-Protokoll für arbeitsplatzbasierte und virtualisierte Automatisierungssysteme. Während heutzutage das neueste Betriebssystem von Microsoft über eine integrierte RDP–Nutzeroberfläche aufgerufen werden kann, etwa für Remote-Verwaltungen, benötigen professionelle Aufbauten einen Windows OS Server. Mit der Strategie von Microsoft, Infrastrukturen zu virtualisieren und seit der Markteinführung des Windows Server 2008 R2 im Jahr 2009, haben sich die „Terminal Services“ erweitert und wurden in Remote Desktop Services (RDS) umbenannt.
  • Virtual Network Computing (VNC): VNC ist eines der ältesten Remote-Protokolle, welches auch heutzutage noch Bekanntheit genießt. Vor allem in kleineren, nicht virtualisierten Automatisierungssystemen werden diese Protokolle genutzt, seitdem mehrere „Open-Source“-Umsetzungen existieren. Diese erlauben das Erstellen von kostengünstigen Lösungen.
  • Citrix® Independent Computing Architecture (ICA): ICA ist ein Citrix-geschütztes, plattformunabhängiges Remote-Protokoll, welches in großen, professionellen und virtualisierten Infrastrukturen mit Citrix XenApp und XenDesktop verwendet wird.
  • VMWare PC-over-IP (PCoIP): Ursprünglich von Terradici® eingeführt, hat VMWare dieses Protokoll in ihre virtualisierte Serverstruktur integriert. Neben PCoIP unterstützt VMWare ebenfalls die Zugänge zu den gehosteten VMs über RDP

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